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Warum VP8 nicht die Lösung ist
Created: 20.05.2010 10:48 UTC

Immer mehr Seiten berichten darüber, daß mit VP8 endlich ein freier, offener und patent-freier Codec existieren würde und wir alle damit vor der MPEG-LA gerettet wären. Was in dem ganzen Hype aber wohl untergeht ist, daß bei VP8 nicht nur die Gefahr von U-Boot-Patenten besteht, sondern noch eine weitaus größere: VP8 ist im Großen und Ganzen ein Rip-Off von H.264.

Theora wurde immer wieder mit der Gefahr von U-Boot-Patenten abgewiesen. Die selben Firmen, die sich bei Theora über die möglichen Gefahren von U-Boot-Patenten (welche bei Theora aller Wahrscheinlichkeit nach FUD sind, da immer noch niemand konkrete Patente vorzuzeigen hatte) Sorgen machen, kündigen aber jetzt an, VP8 zu implementieren. VP8 aber verwendet zu 90% die selben Techniken wie das H.264 Baseline Profile. Somit kann man ziemlich sicher davon ausgehen, daß die MPEG-LA mindestens ein Patent besitzt, von dem VP8 betroffen ist. Sowie die MPEG-LA auch nur ein Patent hält, kann sie die selben Lizenzbedingungen stellen wie bei H.264. Man hätte damit also nichts gewonnen. Und dies dürfte mitunter auch der Grund sein, warum Firmen, die bei Theora Angst vor U-Boot-Patenten hatten, jetzt auf VP8 setzen: Diese Firmen haben alle eine Lizenz für H.264. Somit dürfen sie auch die H.264-Patente einsetzen. Angst vor Patenten die von anderen als der MPEG-LA gehalten werden brauchen sie nicht haben, da so gut wie jeder, der irgendwelche Patente in Sachen Video-Kompression hat, diese in den Pool der MPEG-LA gegeben hat, um andere Patente der MPEG-LA nutzen zu können. Diese Firmen implementieren also jetzt VP8, damit alle, die sich über H.264 beschwert haben, Ruhe geben, in der Hoffnung, daß die nicht bemerken, daß die Situation die selbe wie mit H.264 ist - und diese Strategie scheint ja leider auch noch aufzugehen.

IMO gibt es auch noch eine weitere Gefahr: VP8 ist ganz im Sinne der MPEG-LA. Sie hält definitiv mindestens ein Patent an VP8, aber die gesamte OpenSource-Szene konzentriert sich jetzt auf VP8, statt an Theora weiterzuarbeiten. Die MPEG-LA konnte bis heute kein Patent vorzeigen, das Theora ernsthaft bedroht. Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie es bei VP8 können werden. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, daß sie damit warten werden, bis alle VP8 verwenden. Denn dann haben wir wieder genau die selbe Situation wie jetzt: Totale Abhängigkeit von der MPEG-LA. Bloß daß Theora dann noch weniger eine Alternative ist als heute, da Theora noch weniger Manpower bekommt.

Google weigert sich leider auch, an VP8 noch irgendwelche Änderungen vorzunehmen, sodaß das Argument „Man kann es ja noch so verändern, daß man die patentierten Teile austauscht“ nicht funktioniert. Google tut das, weil sie die aktuelle Implementierung quasi als Standard definiert haben - und bereits die ersten Hardware-Umsetzungen als Prototypen existieren. Und es sind bereits Bugs im offiziellen Decoder und Encoder gefunden worden, die somit in die Spec übertragen wurden. Aber um die Kompatibilität nicht zu brechen, will Google diese nicht fixen.

Daher ist das einzig sinnvolle, was man jetzt machen könnte, VP8 zu forken, einen Patentanwalt damit beauftragen, festzustellen, welche Teile wirklich patentiert sind und dann diese zu ersetzen. Aber alles andere wird uns weiter in die Abhängigkeit von der MPEG-LA treiben…

Update: Für die, die mit dem Problem mit der MPEG-LA nicht vertraut sind: Lest euch mal diesen Link durch.